Die Ausgrabung gilt als DIE Arbeitsmethode der Archäologie. Ausgrabungen sind tatsächlich wichtig, aber noch lange nicht die einzige und wichtigste Aufgabe von Archäologen. Eine Ausgrabung ist eine zeitintensive und kostspielige Arbeit. Ausserdem sind Ausgrabungen immer ein Akt der Zerstörung. Archäologische Strukturen, die einmal ausgegraben wurden, sind unwiderruflich weg. Aus diesem Grunde soll eine Ausgrabung nur dann vorgenommen werden, wenn die Befunde unmittelbarer Gefahr ausgesetzt sind oder es keine andere Möglichkeit gibt, das Gelände zu untersuchen und die Fragestellung des Forschungsprojektes zu beantworten. Vor der Ausgrabung ist eine gute Vorbereitung unerlässlich, bei der das Ausgrabungsgebiet untersucht wird, um den genauen Ort der Grabungsfläche (Schnitt) zu lokalisieren. Auch während der Grabung ist gute Dokumentation von grosser Wichtigkeit, damit die Arbeitsschritte auch im Nachhinein noch nachvollziehbar sind. Eine Ausgrabung ist jedoch die beste Möglichkeit, um an essenzielle Daten und Funde heranzukommen. Es gibt viele Möglichkeiten, eine Grabung auszuführen. Die Methode muss dabei der jeweiligen Umgebung angepasst werden. So gräbt man beispielsweise in hochalpinen Regionen oder unter Wasser anders als in sandigem Grund.
Grabungstypen
Forschungsgrabung: Bei der Forschungsgrabung steht die wissenschaftliche Erkenntnis im Vordergrund. Es geht darum, einer gezielten Fragestellung zu folgen. In der Schweiz werden Forschungsgrabungen in erster Linie von Universitäten im In- und Ausland durchgeführt.
Notgrabung/Rettungsgrabung: Dies ist der Grabungstyp, der in der Schweiz am häufigsten durchgeführt wird. Hier geht es weniger um die wissenschaftliche Erkenntnis, sondern vielmehr um das Bergen und Evakuieren einer Fundstätte, die unmittelbarer Bedrohung ausgesetzt ist. Dies können anstehende Bautätigkeiten sein oder die Bedrohung des Gebietes durch natürliche Gegebenheiten wie Erosionen. Oft kommen archäologische Strukturen auch während Bauarbeiten zum Vorschein. Wenn dies passiert, müssen die Baumassnahmen gestoppt werden, damit die Stätte untersucht und die Funde geborgen werden können. In der Schweiz werden Rettungsgrabungen von der Kantonsarchäologie durchgeführt.
Grabungsmethoden
Stratigraphische Grabung: Die Stratigraphie ist eine Abfolge geologischer Ablagerungen, die sich über die Zeit hinweg gebildet hat. In der Archäologie findet man sowohl natürliche als auch kulturelle Schichten. Kulturelle Schichten wurden von Menschen angelegt, wie etwa ein Fussboden. Natürliche Schichten entstehen durch Erosion und Sedimentablagerungen. Bei der Stratigraphischen Grabung folgt man diesen Schichten. Man gräbt eine Schicht solange aus, bis eine Schichtänderung festzustellen ist. Eine Änderung erkennt man an der Konsistenz und Farbe der Erde. Daher ist es wichtig, dass man während der Grabung laufend die Beschaffenheit und Farbe der Erde im Auge behält.

Planagrabung: Bei dieser Methode wird nach künstlichen Schichten gegraben, ohne Rücksicht auf die natürlichen Ablagerungen. Die Tiefe der Aushübe werden jeweils, unabhängig von der Stratigraphie und der Fundsituation, vordefiniert (zum Beispiel legt man fest, dass man jeweils 5 cm in die Tiefe geht). Dadurch bleibt die Fläche immer eben. Der Nachteil dieser Methode ist, dass man während der Grabung dünne Schichten übersehen kann und man Funde der falschen Schicht zuordnet.
Grabungsablauf Schritt für Schritt
1. Vorbereitung: Der Ort, an dem gegraben werden soll, wird nicht willkürlich ausgewählt. Bei Rettungsgrabungen wird dort gegraben, wo die Befunde in unmittelbarer Gefahr sind. Bei Forschungsgrabungen werden die Schnitte gemäss der Fragestellung angelegt. Meistens gibt es bereits oberflächlich sichtbare Strukturen, an denen man sich orientiert oder es wurden im Vorfeld Surveys oder geophysikalische Prospektionen durchgeführt.
2. Fläche definieren und abstecken: Auf dem Grabungsgelände wird zuerst der Schnitt definiert, abgemessen und abgesteckt. Meistens werden die Grabungsschnitte rechteckig angelegt.
3. Humusschicht entfernen: Nachdem die Grabungsfläche ausgemessen und abgesteckt wurde, wird zuerst die Grasnarbe und die oberste Schicht Humus abgetragen. Dies kann in einigen Fällen auch mit dem Bagger gemacht werden. Der Humus wird so weit abgetragen, bis die erste Kulturschicht zum Vorschein kommt. Damit kommen in der Regel auch die ersten Funde und Befunde zum Vorschein.
4. Schicht für Schicht abtragen: Dann folgt man den stratigraphischen Schichten in die Tiefe. Funde werden getrennt nach Schicht, in der sie gefunden wurden, eingepackt. Wann immer ein besonderer Fund zum Vorschein kommt, wird dieser eingemessen, dokumentiert, fotografiert und in manchen Fällen auch gezeichnet. Das Einmessen erfolgt meistens mit der sogenannten Totalstation. Damit kann man alle Funde und Befunde nachträglich in digitale Karten und Pläne eintragen. Neben dem Graben werden die Oberflächen (Plana) regelmässig sauber geputzt, dokumentiert und fotografiert. Auch die Profile (die Wände des Schnittes) werden fotografiert und dokumentiert, da im Profil die Abfolge der Schichten zu erkennen ist. In den meisten Fällen fertigt man von den Oberflächen und Profilen auch Zeichnungen an.
5. Fundbearbeitung: Parallel zur Ausgrabung ist ein Team für die Fundbearbeitung zuständig. Die Funde werden gewaschen und dokumentiert, besonders auffällige Stücke werden fotografiert, gezeichnet und inventarisiert. Um die Funde zu datieren und interpretieren, müssen sie weiterhin getrennt nach Schicht, aus der sie stammen, aufbewahrt werden.


Literatur Hölscher, T. Klassische Archäologie. Grundwissen (Darmstadt 2006) Mölders, D. / Wolfram, S. (Hrsg.), Schlüsselbegriffe der Prähistorischen Archäologie (Münster 2014) Renfrew, C. – Bahn P., Basiswissen Archäologie. Theorie, Methoden, Praxis (Darmstadt 2007) Sigl, J. – Vetterling, C. (Hrsg.), Grabungsleitfaden (Darmstadt 2012) Trachsel, M., Ur- und Frühgeschichte. Quellen, Methoden, Ziele (Zürich 2008) |
Letzte Änderung: 21.11.2020