Klimadaten spielen in der Archäologie eine wichtige Rolle. Dadurch können vergangene Umweltbedingungen rekonstruiert werden, die einen erheblichen Einfluss auf die Lebensweise der Menschen hatten. Das Klima der Erde wird durch eine Vielzahl von extraterrestrischen und terrestrischen Prozessen beeinflusst, was dazu führt, dass das Klima ein sich ständig veränderndes System ist. Im Laufe der gesamten Erdgeschichte kam es immer wieder zu erheblichen Klimaschwankungen, die sich über unterschiedliche Zeitdauer hinweg abspielten. Besonders die letzten 2 Millionen Jahre waren geprägt von regelmässigem Klimawandel. Geologisch wird die Geschichte der Erde in verschiedene Stufen gegliedert:

Erhebung von Klimadaten
Durch paläoklimatische Daten kann das Klima der Vergangenheit rekonstruiert werde. Für die Rekonstruktion des vergangenen Klimas können Veränderungen von Faktoren analysiert werden, die das Klima beeinflussen. Andererseits können Daten auch direkt aus Klimaarchiven erhoben werden. Zu den Faktoren, die Klimaveränderungen hervorrufen, gehören Schwankungen der Sonnenaktivität, Veränderungen in der chemischen Zusammensetzung der Atmosphäre, Veränderungen der Erdumlaufbahn und Veränderungen der Energieabstrahlung der Erde (Albedo). Klimaarchive sind beispielsweise Eisbohrkernen aus Grönland oder der Antarktis. Jedes Jahr bildet sich in Grönland eine neue Eisschicht. Im Eis werden somit die verschiedenen Gase der Atmosphäre eingeschlossen, die sich mit der Zeit als Schichten im Eis ablagern. Die wichtigsten Gase sind dabei CO2, sowie leichter und schwerer Sauerstoff (16Ound 18O). Die Klimageschichte lässt sich anhand der δ18O-Werte (Delta-18O) rekonstruieren. Diese Werte hängen direkt mit der Temperatur zusammen. Je höher die δ18O-Werte, umso höher die Temperatur. In der Forschung werden Eisschilde auf Grönland und der Antarktis analysiert, denn nur «ungestörtes» Eis sind geeignete Klimaarchive. Auch Proben aus Seen, Höhlen und Moore sowie die Analyse von Pollen können Daten zum Klima liefern.

Das Quartär
Als Quartär wird das gegenwärtige Eiszeitalter bezeichnet und ist die jüngste Stufe der Erdgeschichte. Es wird in die zwei geologischen Perioden Pleistozän und Holozän gegliedert. Die biologische und kulturelle Entwicklung der Menschen fand im Quartär statt. In der gesamten Geschichte der Erde existieren die Menschen somit erst seit einer sehr kurzen Zeit. Das Pleistozän begann etwa vor 2,5 Millionen Jahren und dauerte bis etwa 12’000 vor heute. Es ist das Zeitalter der Eiszeiten und der pleistozänen Megafauna. Das Holozän schliesst sich an das Pleistozän an und ist eine Warmzeit, die bis in die Gegenwart dauert. Das Quartär ist von einem stetigen Wechsel zwischen kalten und warmen Klimaphasen geprägt.
Das Pleistozän
Das Klima des Pleistozäns ist geprägt von extremen klimatischen Schwankungen, in der sich verschiedene Glazialen (Kaltzeiten) und Interglaziale (Warmzeit) abwechseln. Innerhalb der Kalt- und Warmzeiten gibt es ebenfalls Klimaschwankungen. In den Warmzeiten treten weniger Schwankungen auf, während das Klima in den längeren Kaltzeiten instabiler ist. Das Pleistozän wird in vier Abschnitte geteilt: Gelasium, Altpleistozän (Calabrium), Mittelpleistozän (Ionium) und Jungpleistozän (Tarantium). Diese wiederum sind weiter in die geographisch bedingten Kalt- und Warmzeitenzeiten unterteilt. Während der Kaltzeiten waren die Polarregion, sowie grosse Teile der hohen Breiten und das Hochgebirge in Nordamerika, Südamerika, Nordasien, Nord- und Mitteleuropa vergletschert. Während der Warmzeiten prägten grosse Waldflächen das Landschaftsbild Europas. Vor 12’000 Jahren begann sich das Eis endgültig zurückzuziehen. Der Wechsel zwischen Kalt- und Warmzeit ist ein Zusammenschluss von vielen Faktoren, die das Klima beeinflussen. Unter anderem spielen die Sonneneinstrahlung, die Neigung der Erdachse, Änderungen in der Zusammensetzung der Erdatmosphäre, der Anteil CO2 in der Atmosphäre, Änderungen in der Meeresströmung eine wichtige Rolle. Die Kalt- und Warmzeiten variieren in ihrer Intensität und der zeitlichen Dauer. Die genaue chronologische Abfolge des Pleistozäns ist noch nicht endgültig definiert. Dafür sind absolute Datierungen nötig, die mittels naturwissenschaftlicher Methoden ermittelt werden. Doch wegen der zeitlichen Tiefe stösst auch die Naturwissenschaft an ihre Grenzen.

Pleistozäne Flora und Fauna
Die Fauna des Pleistozäns ist nahezu identisch mit der heutigen. Zu den Arten, die heute nicht mehr existieren, gehören verschiedene Vertreter der pleistozänen Megafauna. Dazu zählt der Riesenhirsch (Megaloceros), einige ausgestorbenen Arten von Bisons, Säbelzahnkatzen (Megantereon und Homotherium), eine ausgestorbene Hyänenart (Pachycrocuta), der Riesenbiber und das Mammut. Zudem waren in Europa Flusspferde, Rentiere, Antilopen, Wollnashörner, Löwen und Leoparden verbreitet. Zu Beginn des Pleistozäns erschienen die ersten Hominiden in Europa. Während der Weisel-Kaltzeit wanderte vor etwa 40’000 Jahren der Homo sapiens in Europa ein und verdrängte nach und nach die dort heimischen Neandertaler.
Das Holozän
Das Holozän begann etwa vor 12’000 Jahren und dauert bis heute an. Das Holozän wird aufgrund von botanischen Daten in die fünf Klimastufen Präboreal, Boreal, Atlantikum, Subboreal und Subantlantikum gegliedert. Das Holozän begann mit einer erheblichen Klimaerwärmung am Übergang von der Jüngeren Dryas zum Präboreal (Abb. 1). Die Durchschnittstemperatur stieg auf der Nordhalbkugel innerhalb von 20 bis 40 Jahren um 6 °C. Das Klimaoptimum des Holozäns lag im Atlantikum, als die durchschnittliche Temperatur um etwa 2C° höher war als der gegenwärtige Durchschnitt. Die Erwärmung hatte einen grossen Einfluss auf die Flora und Fauna. Die pleistozäne Megafauna starb oder wanderte aus, aus Tundren und Steppen wurden Wälder. Archäologisch gesehen fällt der Beginn des Holozäns mit dem Beginn des Neolithikums im Vorderen Orient zusammen. Möglicherweise begünstigte die Klimaerwärmung die Sesshaftwerdung und Entwicklung der Landwirtschaft. In den ariden Gebieten Vorderasien wurde das Klima feuchter, was bestens geeignet war für den Ackerbau. Dem neusten Forschungstand zufolge ist das Holozän eine Warmzeit, worauf in geologisch naher Zukunft eine Kaltzeit folgen wird.

Begriffe Kaltzeit: Zeitraum innerhalb eines Eiszeitalters mit tiefen Temperaturen und partieller Vereisung der Erdoberfläche. Interglazial: Auch Warmzeit genannt, der Zeitraum innerhalb eines Eiszeitalters mit hohen Temperaturen. Schwerer Sauerstoff: Isotop mit zwei zusätzlichen Neutronen. |
Literatur Fraedrich, W. Spuren der Eiszeit. Landschaftsformen in Mitteleuropa (Berlin 2016) Hantke, R., Eiszeitalter. Kalt-/ Warmzeit-Zyklen und Eistransport im alpinen und voralpinen Raum (Bern 2011) von Koenigswald, W., Lebendige Eiszeit. Klima und Tierwelt im Wandel (Stuttgart 2002) Le Tensorer, J.-M. / Niffeler, U., SPM I. Paläolithikum und Mesolithikum (Basel 1993) Sirocko, F. (Hrsg.), Wetter, Klima, Menschheitsentwicklung. Von der Eiszeit bis ins 21. Jahrhundert (Darmstadt 2010) Stöckli, W. E., Urgeschichte der Schweiz im Überblick (15’000 v.Chr. – Christi Geburt). Die Konstruktion einer Urgeschichte (Basel 2016) Wanner, H. Klima und Mensch. Eine 12’000-jährige Geschichte (Bern 2016) Wilson, R.C.L – Drury, S.A. – Chapman, J.L., The great ice age. Climate change and life (London 2000) |
Letzte Änderung: 31.10.2020